Gruß aus der Heimat

Einer der Gründe, warum ich Großbritannien so mag, sind die zahlreichen liebenswerten Sitten und Bräuche seiner Einwohner. Dazu gehört beispielsweise das Verschicken einer Grußkarte zu jedem erdenklichen Anlass. In Deutschland verschickt man viel seltener Karten, und die Anforderungen an den Gratulanten unterscheiden sich von denen auf der Insel. Aber in welcher Form? Und warum stehen Liebhaber englischer Grußkarten mit der Deutschen Post auf Kriegsfuß?

Im Januar hat die Deutsche Post, wie alle Jahre wieder, das Porto für einen Standardbrief erhöht. Ein „normaler“ Brief nach England kostet nunmehr 0,80 €. Hat man sich jedoch an den 08/15‑Motiven und –Formaten vieler deutscher Grußkartenfabrikanten satt gesehen und pflegt angesichts ihrer stilvoll bezaubernden Andersartigkeit Karten britischer Vertreiber wie Marks & Spencer oder John Lewis zu erwerben, so darf man keineswegs davon ausgehen, damit „normale“ Post zu verschicken. Eine englische Grußkarte – und das macht gerade einen beträchtlichen Teil ihres Charmes aus – hat selten die hier üblichen Formate DIN A6 oder DIN lang, sondern ist oft kleiner und meist entweder quadratisch oder sehr schmal und länglich. Damit unterschreitet sie das Mindestformat der Deutschen Post und kostet mittlerweile 1,50 €.

Doch zurück zum Brauch des Kartenschreibens. In Großbritannien ist es vollkommen üblich, auf eine Karte handschriftlich lediglich die Adressaten, (sofern kein vorgedruckter Text vorhanden ist) einen kurzen Einzeiler und schließlich die Grußformel einzutragen. Eine Grußkarte wird also als genau dies betrachtet: ein kurzer, lieber Gruß. In unseren Breiten hingegen gilt eine vorformulierte Karte als lieblos. Es werden vom Verfasser mindestens ein bis zwei handschriftliche und möglichst individuell formulierte Sätze erwartet.

Bei den Briten ist es zudem Brauch, erhaltene Grußkarten zu würdigen, indem man sie für einen gewissen Zeitraum daheim sichtbar präsentiert, beispielsweise auf dem Fensterbrett oder dem im angelsächsischen Raum berühmt-berüchtigten Kaminsims. Meine Schwiegermutter etwa dekoriert alljährlich hingebungsvoll ihre Wohnzimmerwand mit allen an sie verschickten Weihnachtskarten. In Deutschland legt man Karten nach dem Lesen beiseite, und oft landen sie alsbald im Altpapier. (Immerhin!)

Und nächste Woche wird’s kulinarisch …

Der Pommes-Buddha sagt: Eine Karte macht noch keinen Brief.

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