Fingerfertigkeit

Zählen auf Englisch ist einfach, oder? One, two, three, four, five … Klar, wenn man die Zahlen nur liest oder hört, ist das keine Hexerei. Aber sobald man die Finger zu Hilfe nimmt, enttarnt man seine Herkunft.

Wer den Quentin-Tarantino-Film Inglourious Basterds gesehen hat, kennt die Szene, in der ein britischer Leutnant sich in einer Spelunke als Deutscher ausgibt. Seinen leicht gefärbten Akzent erklärt er damit, dass er aus einem abgelegenen Bergdorf komme. Damit kommt er zunächst durch. Seine Tarnung fliegt jedoch endgültig auf, als er für sich und seine Begleitung drei Gläser bestellt und dabei Zeigefinger, Mittelfinger und Ringfinger hochhält. So würde kein Deutscher die Zahl Drei zeigen.

In Deutschland beginnt man beim Zählen für gewöhnlich mit dem Daumen, dann kommen Zeigefinger, Mittelfinger usw. hinzu. In England fängt man entweder beim kleinen Finger oder beim Zeigefinger an und nimmt erst zuletzt den Daumen dazu. Wenn man die Zahl Drei zeigt, ist demnach die oben beschriebene Variante gängig.

Meine bilingual (und bikulturell) aufwachsende Tochter kennt beide Varianten und unterscheidet sie derzeit (mit knapp vier Jahren), im Gegensatz zu den verbalen Sprachen, noch nicht klar. Sie zeigt die Eins mal mit dem Zeigefinger, mal mit dem Daumen, und erklärt schlicht: „Man kann das auch so zeigen.“

Und wie sieht es mit anderen Fingergesten aus? Der einzeln von einer mit dem Handrücken nach vorn gerichteten Hand nach oben gestreckte Mittelfinger gilt so gut wie weltweit als schlimme Beleidigung ‒ eine Geste, auf die man sich in der verbalen deutschen Sprache schlicht als „Der Finger“, oder auch „Der Stinkefinger“, bezieht, im Englischen analog als „The Finger“. In Großbritannien häufiger im Gebrauch und ähnlich vulgär ist jedoch der V-förmig nach oben gestreckter Zeige- und Mittelfinger bei nach vorne weisendem Handrücken – eine in Deutschland unbekannte Geste. Die Herkunft beider Gesten wird bei mittelalterlichen (oft normannischen) Bogenschützen verortet. Sie demonstrierten ihren Feinden durch das zeigen des Fingers bzw. der Finger, mit dem bzw. denen sie den Bogen spannen: „Schau‘ her, ich kann dir gefährlich werden!“

„Den Vogel“ (Zeigefinger an die Schläfe tippen) zeigt man in England auch – dort allerdings bedeutet er schlicht: „Denk‘ mal nach!“

Also, Vorsicht bei Fingerübungen im Ausland! Und wo’s andernorts noch brenzlig werden kann, ist beim Essen Bestellen. Aber mehr dazu nächste Woche …

Der Pommes-Buddha sagt: Immer schön Hände waschen!

Diesen Text als Podcast hören:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.