Im Namen des Tiefs

Erinnert ihr euch? Vor etwa einem Monat fegte ein Sturm über Deutschland. Sturmtief Sabine sorgte schon im Vorhinein in den Nachrichten und auf den Sozialen Medien für reichlich Wirbel. Doch wie sah das Ganze in England aus? Und hieß das Tiefdruckgebiet dort auch Sabine? Eine kleine Recherche zum sprichwörtlichen Lieblingsthema der Britinnen.

Am Montag, den 10.02.2020, waren alle städtischen Schulen und Kitas im Raum Köln und auch in anderen Regierungsbezirken des Landes geschlossen. Es war das erste Mal seit ich mich erinnern kann, dass wegen einer Sturmwarnung solch drastische Maßnahmen ergriffen wurden.

Selbstverständlich standen wir im Austausch mit unseren englischen Verwandten, die in Südostengland ebenfalls, und zwar früher als wir hier, von dem Sturm betroffen waren. In England sorgten Windgeschwindigkeiten von fast 100 Meilen pro Stunde für Überschwemmungen, Stromausfälle und etliche sonstige Sturmschäden.

Der Sturm wurde dort natürlich nicht Sabine, sondern Ciara (sprich: Ki-ra /ˈkɪərə/) genannt. Ciara ist ein irischer Name, der auch von britischen Journalisten oft falsch ausgesprochen wurde. (Da war von Ki-ara bis Sssi-ara alles dabei.) Diese unterschiedlichen Bezeichnungen veranlassten mich dazu, mich zu fragen, wie Hoch- und Tiefdruckgebiete hüben wie drüben überhaupt zu ihren Namen kommen. Freut euch daher nun auf ein paar nerdy facts zum Thema Wetter.

Im englischen Sprachraum werden nicht Tiefdruckgebiete getauft, sondern nur ausgewachsene Stürme, d. h. solche, die auf der Unwetterskala „gelb/orange oder rot“ (amber/orange or red warning) eingestuft werden. Die Farbabstufungen der Unwetterwarnungen sind in UK und Deutschland ähnlich, allerdings werden sie von unterschiedlichen Behörden nach unterschiedlichen Kriterien bewertet.

Seit den 1950er Jahren gibt das US Air Force Hurricane Office in Miami, Florida, tropischen Sturmtiefs im Nordatlantik offizielle Namen – zunächst ausschließlich Frauennamen und seit 1979 abwechselnd Frauen- und Männernamen.

Kleiner Exkurs in das Reich der genderstereotypischen Wahrnehmung: Interessanterweise haben einer Studie der Universität Princeton aus dem Jahr 2014 zufolge Stürme mit weiblichen Namen schlimmere Auswirkungen, weil sie offenbar als weniger gefährlich wahrgenommen und sich daher weniger gut gegen sie gewappnet wird.

Seit dem Jahr 2015 gibt auch das UK Met Office (UKMO) und der Wetterdienst der Republik Irland, Met Éireann, Wirbelstürmen Namen – diese lassen die Behörden von der Öffentlichkeit vorschlagen. Seit diesem Jahr (Sturmsaison 2019/20) ist auch der niederländische Wetterdienst KNMI im Boot und schließt sich dem Namensgebungssystem an, das übrigens alphabetisch vorgeht. Stürme, die aus den USA über den Nordatlantik kommen, behalten ihre dortigen Namen.

Hier die aktuelle Namensliste:

Quelle: Met Office

Die Sturmnomenklatur in Deutschland ähnelt der in UK insofern, als sich auch hier die Öffentlichkeit an der Namensgebung beteiligen kann. Allerdings werden hierzulande nicht nur ausgewachsene Stürme, sondern insgesamt alle Tiefdruckgebiete, sowie auch alle Hochdruckgebiete, in Mitteleuropa mit Vornamen versehen – und zwar zunächst mit weiblichen Vornamen für Tiefdruckgebiete und männlichen für Hochdruckgebiete. Dies war 1954 von Karla Wege angeregt worden.

1998 wurde dies von der feministischen Kritik angeprangert. Seitdem erhalten in ungeraden Jahren die Tiefs männliche und die Hochs weibliche Namen. Auch hierbei wird alphabetisch vorgegangen.

Zur Beteiligung an der Namensgebung bietet das Institut für Meteorologie der Freien Universität Berlin übrigens seit 2002 Wetterpatenschaften an, d. h. man kann gegen ein Entgelt von 199 € ein Tief oder von 299 € (jeweils zzgl. MwSt.) ein Hoch nach sich benennen lassen. Wer also noch das nächste Geburtstagsgeschenk für die Lieben sucht …

Einen interessanten Artikel zu den unterschiedlichen Namen in England und Deutschland gibt es in der Süddeutschen Zeitung zu lesen: https://www.sueddeutsche.de/panorama/wetter-name-des-sturmtiefs-warum-sabine-und-ciara-kursieren-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-200209-99-837567.

So, ihr Lieben, egal, wo ihr seid: Haltet euch immer gut fest, damit ihr nicht abhanden kommt!

Der Pommes-Buddha sagt: Ob Ciara oder Sabine, es bleibt stürmisch.

Diesen Text als Podcast hören:

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