Fairrückt

Morgen ist Weiberfastnacht, der Auftakt zum sechstägigen Abschlussspektakel der Karnevalssaison. Dieses Jahr nehmen wir mit unseren Kindern zum ersten Mal am Viertelsumzug (in Kölscher Mundart: Veedelszoch) am Veilchendienstag teil und fragten uns: Gibt es eigentlich auch nachhaltige Kamelle?

Kamelle nennt man bei uns im Rheinland die Süßigkeiten, die von den Teilnehmenden eines Karnevalsumzugs geworfen und von den Zuschauerinnen gefangen werden. Pro Person und Umzug, den man besucht, kann das schon mal drei große Taschenvoll sein. Vieles davon landet nachher ungeöffnet im Müll, aber auch die tatsächlich konsumierten Kamelle produzieren, da sie in Kleinstgrößen verpackt sind, Unmengen an Plastikmüll. Ich fragte mich daher, was es für Möglichkeiten gibt, nachhaltige Kamelle zu besorgen und begab mich auf die Suche. Hier kommen meine Vorschläge:

1) Faire Kamelle

Bei meinen Recherchen stieß ich auf den Verein Jecke Fairsuchung e.V., der es sich zum Ziel gesetzt hat, über fair hergestellte Produkte im Karneval zu informieren und mit seiner Kampagne den Anteil der fairen Kamelle auf 10 % zu bringen. Leider bleibt hier natürlich das Problem der Verpackung. Die meisten Produkte, die man dort erstehen kann, sind in Plastik verpackt, die Schokoladenprodukte in Metallfolie und Papier. Immerhin tut man den Produzentinnen etwas Gutes. Unter http://www.jeckefairsuchung.net kann man das faire Wurfmaterial bestellen.

2) Wiederverwenden

Dies ist eine Lösung für mehrfach aktive Karnevalistinnen: Diejenigen Süßigkeiten, die man bereits an den Tagen zuvor in anderen Zügen gefangen hat und selbst nicht konsumieren kann oder möchte, kann man als Wurfmaterial wiederverwenden. Da man hierfür kein neues Material kauft, spart dies natürlich mehr Ressourcen als der Kauf von neuem Material.

3) Zero Waste

Wer sich dieser Frage absolut konsequent widmen möchte, dem bleibt die Möglichkeit, auf abfallfreie Produkte mit „natürlichen Verpackungen“ wie Nüsse, Mandarinen oder Bananen zurückzugreifen. Die Vorteile liegen auf der Hand: Nachhaltigkeit und Abfallverringerung. Ob man den Abfall allerdings komplett vermeiden kann, sei dahingestellt, denn viele dieser Lebensmittel würden sicherlich weggeworfen werden. Und da kommen wir auch schon zum Nachteil: Dieses Wurfmaterial ist bei den Fängerinnen derzeit noch nicht beliebt. (Ich muss ehrlich sagen, dass auch ich schon aufgeweichte Erdnüsse weggeworfen habe.) Die Zero-Waste-Kamelle wird dennoch tatsächlich jedes Jahr von einigen Laufgruppen eingesetzt.

Eine valide Alternative zu alledem wäre es selbstverständlich, sich grundsätzlich gegen das Werfen von Kamelle zu entscheiden. Das spart am meisten Ressourcen – und es gibt mit Sicherheit genügend andere Zugteilnehmende, die reichlich werfen, sodass die zuschauenden Kinder nicht mit leeren Händen dastehen werden.

Wir haben uns nach reiflichem Überlegen für eine kleinere Menge faire Kamelle (ohne Plastik) entschieden und freuen uns auf unseren ersten Veedelszoch! Kölle Alaaf!

Und was sind eure Ideen für ein nachhaltiges Karneval? Hinterlasst gerne unten einen Kommentar.

Der Pommes-Buddha sagt: Auch ein fairer Jeck ist ein jecker Jeck.

Diesen Text als Podcast hören:

8 thoughts on “Fairrückt

  1. Kölle Alaaf!
    Danke für den tollen Beitrag liebe Sarah! Ich war letzte Woche auf der Biofach/Vivaness in Nürnberg. Die Firma Fairsquared aus Köln präsentierte dort an ihrem Stand ein nachhaltiges Partyset, mit Luftschlangen und Konfetti aus FSC-zertifiziertem Papier und Luftballons aus Naturkautschuk. Die Produkte können hier bestellt werden: https://shop.fairsquared.info/

  2. Kölle Alaaf, liebe Sarah,
    vielen Dank für diesen Beitrag und deine Vorschläge. Mir tut in der Seele weh, wenn ich sehe, wie viele in Plastik verpackten Süßigkeiten nach den Faschingsumzügen auf den Straßen liegen bleiben.

    Lustig finde ich aber, dass es in Rheinland diese Süßigkeiten „Kamellen“ heißen. Auf Spanisch sind „caramelos“ die ganz normalen Lutschbonbons. Wiederum sind spanische „bombones“ die deutsche Schokopralinen. Irgendwie faszinierend. : )

    Liebe Grüße und viel Spaß die nächsten sechs Tage!

    Marta

    • Kölle Alaaf, liebe Marta!
      Lieben Dank für Deinen Kommentar. So geht es mir auch. Aber gleichzeitig bedeutet Karneval für mich Geselligkeit, Spaß, „Völkerverständigung“ und große, glänzende Augen bei Jung und Alt. Schön, wenn sich dabei „nebenbei“ Schritt für Schritt etwas in Richtung Nachhaltigkeit bewegt.
      Man streitet sich wohl darüber, ob das Wort „Kamelle“ von „Karamell“ (in dem Fall genau in derselben Bedeutung wie im Spanischen) oder von „Kamille“ kommt. „Egal, Hauptsache Spaß gehabt“, würde mein Mann als einen der für ihn „urdeutschen“ Aussprüche aus seinem Repertoire dazu sagen. 😉
      Viel Spaß beim Feiern!
      Sarah

  3. Wie schön, dass es mittlerweile ernsthafte Überlegungen und Ideen gibt wider den ewigen Plastikmüll! Danke, dass du sie hier vorstellst! 🙂

    Zu den Bombones fällt mir noch ein, dass ja im Englischen „chocolate“ die Schokolade ist, aber die Pralinen sind „chocolates“.

    Wie schon Forrest Gump sagte: „My mom always said life was like a box of chocolates. You never know what you’re gonna get.“

    Viel Spaß beim Karneval! 🙂
    Janine

    • Gerne!

      Ja, dieses Thema hat viel Potenzial – man könnte hier endlos abschweifen. Auch hier finde ich toll, dass es mittlerweile viel mehr (leckere) Fair-Trade-Schokolade zu kaufen gibt und diese Produkte nun auch bei größeren Handelsketten zu finden sind.

      Dir auch viel Spaß!

      Sarah

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.