Wie könnte man das Jahr besser beginnen, als mit einem Ausflug ins Haus der Geschichte in Bonn? Dort läuft zurzeit die Ausstellung Very British über so einige Aspekte der britisch-deutschen Beziehungen und des Lebens in Großbritannien. Welche Erkenntnisse der Pommes-Buddha dort gewinnen konnte, lest ihr hier …
Ein Familienausflug in die nahe gelegene ehemalige Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland: Ausgestattet mit zwei Kindern und reichlich Proviant für diese Kinder auf der immerhin gut 60-minütigen Reise mit der Straßenbahn, machten mein britisch-deutscher Ehemann und ich uns gespannt auf den Weg. Very British ist ja ein vielversprechender Name – da sollte sich doch vom Brexit über die Royals bis hin zu Marmite so allerhand entdecken lassen.
Hellauf begeistert waren wir, als wir bereits auf dem Weg zur Garderobe feststellen durften, dass man im Haus der Geschichte den Begriff Very British nicht nur äußerst ernst nahm, sondern sogar nach dem Immersionsprinzip praktizierte – denn sogleich wurden unsere Fähigkeiten in der britischen Gepflogenheit des queueing (Schlangestehens) getestet. Entgegen dem uns international vorauseilenden Ruf, besonders diszipliniert zu sein, erlangt man in deutschen Schlangen immer wieder den Eindruck, dass dem durchschnittlichen Menschen hier zum Warten schlicht fundamentale Charakterzüge wie Gelassenheit und (zumindest diese Art von) Humor fehlen. Oder, wie es ein Mann hinter mir ausdrückte und damit das Deutschsein in seinem Kern treffend zusammenfasste: „Schlecht organisiert – wie immer!“ (Meint: Ob unseres angeborenen Anspruchs auf deutsche Effizienz erwarten wir selbstverständlich, dass in diesem Land alles perfekt funktioniert, obgleich uns sonnenklar ist, dass dem nicht so ist, und regen uns dennoch jedes Mal aufs Neue darüber auf.) Very German.
In der Ausstellung selbst werden Besucher von einem Bilderspalier aus Union-Jack-schwenkenden Mitbürgern und einem Brexit-Countdown empfangen. Daran reiht sich ein hingebungsvoll kuratierter Erlebnispfad durch die großen Domänen des britischen (und teils auch deutschen) Lebens wie Politik, Besatzungszeit und Kalter Krieg, die Royal Family, Publicity & Marketing, Fußball, Wirtschaft und nicht zuletzt Populärkultur und Literatur.
Man erfährt beispielsweise nicht nur von der BBC-Radiosendung Unsigned Letters, die nach der deutschen Teilung anonymen Briefverfasserinnen aus der DDR eine Plattform bot, sich frei über die dortigen Zustände zu äußern, sondern findet sogar einige der Originalzuschriften ausgestellt.
Auch für Kinder ist die Ausstellung kurzweilig, da es in jeder Themenwelt interaktive Bildschirme mit – selbstverständlich zweisprachigen – Ratespielen oder Videoclips gibt. So kann man wahlweise die Krönung der Queen noch einmal erleben oder Gary Lineker die Anekdote zum Besten geben sehen, wie er voraussagte, dass Nationaltrainer Bobby Robson beim Halbfinale gegen Deutschland 1990 in seiner Halbzeit-Motivationsrede den Krieg erwähnen werde.
Ansonsten ist von historischen Dokumenten über herrschaftlichen Pomp bis hin zu Trivia sowie von Bildern und Texten über audiovisuelle Fundstücke, Infografiken und Touchscreens bis hin zu teils in ansprechenden Installationen inszenierten Ausstellungsstücken für jeden Geschmack etwas dabei.
Nettes Schmankerl für die Rheinländerin: Das Hauptquartier der Rheinarmee nahm seit den 1950er Jahren regelmäßig am Veilchendienstagsumzug in Mönchengladbach teil. Im Jahr 1960 wurde Leutnant Patricia Jones sogar Karnevalsprinzessin. Wer hätte gedacht, dass Völkerverständigung so gut funktionieren kann?
Kurzum: Unsere Erwartungen wurden nicht nur nicht enttäuscht, sondern übertroffen. Das Urteil des Pommes-Buddha lautet: Very worthwhile.
Die Ausstellung Very British ist noch bis 8. März im Haus der Geschichte zu sehen. Sie befindet sich im Erdgeschoss in einem gesonderten Bereich. Der Eintritt ist kostenlos. Weitere Informationen hier: https://www.hdg.de/haus-der-geschichte/ausstellungen/very-british-ein-deutscher-blick
Der Pommes-Buddha sagt: When in Bonn, do as the Brits do!
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