Britische Behaglichkeit

Wenn mich jemand fragte, wie ich in einem Satz die Essenz der englischen Kultur wie ich sie kenne zusammenfassen würde, so wäre die Antwort eine Frage, die für mich der Inbegriff der britischen Behaglichkeit ist. Unzählige Male schon wurde sie mir gestellt – eigentlich so gut wie jedes Mal, wenn ich auf der Insel bei jemandem zu Hause war.

„Shall I put the kettle on?“ Nun muss man etwas ausholen … Das was im typischen deutschen Haushalt die gute alte Kaffeemaschine ist (ich meine diese nun schon fast antik anmutende Konstruktion mit Filteraufsatz, Glaskanne und Warmhalteplatte), ist in Großbritannien the kettle, der (heutzutage vorwiegend elektrische) Wasserkocher. Fassungslos stand ich im Jahr 2000, zu Beginn meines Auslandssemesters in London, in der Küche meiner Unterkunft – es gab keine Kaffeemaschine! Ein Wasserkocher fand sich immerhin, aber kein Filteraufsatz, um wenigstens von Hand aufzubrühen. Nachdem ich auf der Suche nach Kaffeepulver lediglich auf körnigen Kaffee stieß, wurde mir klar: Im durchschnittlichen Haushalt wird Kaffee hier tassenweise hergestellt, und zwar aus Instant-Kaffeepulver. (Ja, ganz im Gegensatz zu Australien und Neuseeland hinkte Großbritannien dem Rest von Europa – oder auf Britisch Europe bzw. the Continent – in der Kaffeekultur lange weit hinterher.)

Tee wird, so man nicht der detaillierten Anweisung des Britischen Instituts für Normung (BSI) folgt, die 8 Seiten umfasst und für lächerliche 90 GBP zu erwerben ist, ebenfalls pro Tasse bzw. Becher aufgegossen. Milch darf selbstverständlich nicht fehlen. Und ein echter „Bauarbeitertee“ (siehe „builder’s brew“) wird’s nur mit reichlich Zucker. Da bekommt Stephen Twining Schnappatmung! Er erklärt auf Youtube, wie es richtig geht. Und hier schreibt der Independent über die perfekte Tasse Tee.

„Shall I put the kettle on?“ ist somit eine meist rhetorische Frage, die sagen soll: „Komm’, wir machen es uns gemütlich und trinken einen Tee (oder Kaffee)!“

Nächste Woche geht’s zur Abwechslung dann mal um nicht-kulinarische Verflechtungen …

Der Pommes-Budhha sagt: Manche mögen’s heiß!

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